Pfarreistruktur und Seelsorgemanagement
Der Wohnort, in dem ich mit meiner Frau lebe, liegt in einer Diözese irgendwo in Deutschland. Vor einigen Jahren ist hier die große Strukturreform der Seelsorge unter dem Leitwort Der Geist ist es, der lebendig macht (Joh 6,6) in Kraft getreten. Ihr herausragendes äußerliches Merkmal ist die Bildung von 70 neuen Großpfarreien. Seitdem sind ihre Vertreter und Gremien damit beschäftigt, geeignete Seelsorge-Konzepte und Seelsorge-Planungen zu erarbeiten.
Ich möchte dazu einen Beitrag leisten. Im Laufe der letzten Jahre habe ich viele Einblicke in den Prozess der Pfarreibildung bekommen, habe an unzähligen Sitzungen eines Pfarreirates und dessen Ausschüssen teilgenommen, habe Entscheidungen vorbereitet und getragen, habe Kritiker erlebt und verstanden. In diesem Prozess ist bei mir nach und nach das Bild einer Pfarrei entstanden, in der ich mich wohlfühlen könnte, das Bild von kreativen und kritischen Gläubigen, von aufbauenden Strukturen und bewegenden Organisationen, vom mitreißendem Management und stillem Dienst; das Bild einer modernen Pfarrei, das Bild einer Pfarrei, die zu mir passt und die es verdient hätte, verwirklicht zu werden.
Aber so einfach lassen sich Träume nicht in die raue Wirklichkeit versetzen. Das geht nur Schritt für Schritt und auch dann noch mit vielen Rückfällen und Enttäuschungen. So lange aber will und kann ich nicht warten. Darum bleibt meine Pfarrei vorläufig ein Bild, eine Realität nur in meinem Kopf und meinem Herzen. Aber diese Realität will ich gestalten und leben und Sie, meine Leserinnen und Lesern, einladen dabei zu sein.
Ich mache mir bei dieser Arbeit unterschiedliche Erfahrungen zu Nutze. Ich habe in der katholischen Gemeinde-, Jugend- und Krankenhausseelsorge, in der Fort- und Weiterbildung und im Management eines großen caritativen Trägers gearbeitet und ich kann meine Erkenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Systemtheorien, der Gruppendynamik und der von mir entwickelten Organisationstheologie[1] einbringen – und das alles fünfundzwanzig Jahre als katholischer Priester und noch länger als verheirateter Laie, der in vollem Frieden mit seinem Bischof und mit Rom die Seiten gewechselt hat und darum in der Lage ist, all die angesprochenen Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.
Bei allen folgenden Überlegungen und bei den konkreten Vorschlägen, die ich mache, habe ich eine bestimmte idealtypische Pfarrei vor Augen, die es derzeit allerdings nur virtuell gibt. Sie ist eine Seelsorgeeinheit
und den Namen St. Georg trägt.
I
(Wenn ich von Seelsorgern und den Mitarbeitern spreche, sind immer die Seelsorgerinnen und Mitarbeiterinnen mitgemeint.)
Stand: 01.03.2018 Zum Seitenanfang
[1] vgl. Georg Meier-Gerlich, Organisationstheologie und Caritatives Management, Trier 2001 und Georg Meier-Gerlich, Caritative Seelsorge im Behandlungsauftrag des kirchlichen Krankenhauses, Trier 2003.
In der Organisationtheologie sind Erfahrungen zusammengefasst, die darüber Auskunft geben, wie Organisationen und Einrichtungen strukturiert, organisiert und gemanagert werden müssen, damit sie die Charakterisierung christlich oder katholisch beanspruchen können.